© TSV Lützellinden

 

  vom 27.02.09

 

 

 

 

 

Volker Michel meint:

 

 

Die Ierscht unn die Schwierscht

Es ist Sonntag morgen, neun Uhr dreißig. Die Welt teilt sich in drei Gruppen auf. Diejenigen, die zur Kirche gehen, diejenigen, die noch im Bett liegen und die paar wenigen, die sich in einer Sporthalle befinden. Manchmal zähle ich zu Letzteren. Vielleicht denkt sich jemand, ich hätte mich verirrt, auf dem Weg zum Bäcker oder zur Kirche. Könnte sein. In der Regel jedoch weiß ich genau, wo ich hingehe. Und warum. Denn der Be­such einer Sporthalle zu einer solchen Uhrzeit hat durchaus seinen Reiz.

Denn jenseits der Premiumzeiten am Samstag Abend oder Sonntag Mittag spielen all diejenigen Teams eines Ver­eines, die nicht so hochklassig aktiv sind. Direkt vor der ersten Mannschaft beispielsweise die Zweite oder eine be­sonders gute Jugendmannschaft. In der Regel werden die Hallenzeiten für die Vereinsmannschaften nach deren vermeintlicher Attraktivität für die Zuschauer vergeben.

Bis am Ende nur noch eine Mann­schaft übrig ist. Und eine Anwurfzeit, bei der man nicht direkt an Sport denkt, an der niemand sonst Sport machen, geschweige denn überhaupt sich bewegen will Und sei es nur zum Kühlschrank.

Doch wer denkt, deswegen lohne sich der Weg oder das Aufstehen nicht: weit gefehlt. Denn einige Spiel­klassen unter den Ligen, wo sich die jungen Wilden um Aufstieg, Titel und Ehren schlagen, kommen die wahren Helden des Sports zusammen, um, ja um was eigentlich genau zu tun?

Fangen wir dazu von vorne an: Der Name ist das Wichtigste, jede „letzte” Mannschaft braucht einen guten Namen oder ein gutes Motto. In Langgöns, wo ich zwei Jahre lang genau diese Jungs trainiert habe, war der Kampfname im Gegensatz zur „Ersten”, zur sogenannten „Ierscht”, die „Loanggieser Schwierscht”. Also die "Schwerste" ...

Liebevoll wurde sie auch die „Ü90” genannt. Aber nicht, weil nur Spieler über 90 Jahren mitspielen durften, wie man gewohntermaßen vermuten könnte, sondern nur solche, die über 90 Kilo wogen.

Bei der MSG Linden spielt man un­ter dem Slogan „Männer Drei – ein­wandfrei”. Schön, oder? Und wer will da behaupten, dass sich ein Besuch ei­nes solchen Teams nicht lohnt? Denn neben dem Sport gibt es dort einiges zu sehen. Ein unendlich hoher Sinn für Gemeinschaft, eine Menge früherer hochklassiger Handballer, die ihren Spaß daran haben, sich mit Freunden einmal die Woche zu treffen, ein biss­chen zu schwitzen und einen wirklich guten Grund zu haben, den Frühschoppen trotz des Geburtstags der Schwiegermutter als unumgänglich anzusehen.

So ist denn auch das wichtigste Utensil zur Spielvorbereitung die "grü­ne Sporttasche". Sport für und von Äs­theten kann und darf man nicht erwarten, eher einfache und ehrliche Hausmannskost, die, so schon selbst erlebt, auch in der Halbzeit des Spieles in der Kabine gereicht wird. Gewon­nen - verloren, wen interessiert das? Hauptsache, man konnte mal wieder nach Herzenslust allen Ärger der Wo­che am Ball, Gegner oder Schiri abre­gen und ausgeglichen nach Hause kommen.

Wer also demnächst nichts vor hat, dem empfehle ich die heimischen Sporthallen. Und wer nicht weiß, was es mit der grünen Sporttasche auf sich hat, kann gerne in der Redaktion anru­fen.